Mark A. Carden
von der HwK OWL zu Bielefeld öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger
für das Maurer-
und Betonbauerhandwerk
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zurück zu: Abdichtung von Bodenplatten
Sind weiße Wannen oder wasserundurchlässige Bodenplatten ohne weitere Abdichtungsmaßnahmen als anerkannte Regel der Technik anzusehen. Vorab: Vorab kann ich feststellen, dass diese Frage nicht vollends beantwortet wurde. Ein klares „Ja“ oder „Nein“ ist zurzeit nicht zu erwarten. Ich
führe im Laufe dieses Fachaufsatzes Meinungen zweier
wohlbekannter Sachverständige zu diesem Thema auf. Wobei wohl
gerade Lohmeyer als die Fachgröße auf diesem Gebiet
anzusehen ist. Einleitung: Die für die Abdichtungen zuständigen Normen DIN 18195/4+6 und die VOB/C ATV18336 geben an, nicht für Bauteile zu gelten, die so wasserundurchlässig sind, dass die Dauerhaftigkeit des Bauteils und die Nutzbarkeit des Bauwerks ohne weitere Abdichtung im Sinne dieser Normen gegeben ist. In diesem Sinne gelten diese, lt. eigener Aussage, auch nicht für Konstruktionen aus wasserundurchlässigem Beton. Da nun aber bekannt ist, dass auch ein Beton mit hohem Widerstand gegen eindringendes Wasser, seiner mikrofeinen Kapillarporen wegen, nicht völlig diffusionsdicht sein kann, ist es selbst in Fachkreisen umstritten, ob zusätzliche Abdichtungsmaßnahmen ergriffen werden müssen, um die Menge des eindiffundierenden Wasser zu verringern oder gänzlich zu unterbinden. Hierbei ist zu beachten, dass die durch den Beton eindiffundierenden Mengen erheblich von den betontechnologischen Maßnahmen (u.a. W/z Wert) und den bauphysikalischen Einflüssen (u.a. Wasserdampfdruckunterschied, Temperatur, Restmenge des im Betons gebundenen Wassers über die der spätere Ausgleichsfeuchte) abhängig sind. G.
Lohmeyer führt zu diesem Thema in seinem Fachaufsatz
„Wasserundurchlässige Konstruktionen;
Bauwerkssohlenplatten aus wu-Beton: Bauphysikalische
Besonderheiten“
Rechenwege auf, die eindiffundierenden Mengen berechnen zu
können. Er stellt hierbei Folgendes fest: - Bis zum Erreichen der Ausgleichsfeuchte gibt der Beton ein Vielfaches mehr an Wasser ab, als er später durch Diffusion durchlässt. - Das Austrocknen dieses Betons kann Problemlos erfolgen, wenn weitere Aufbauten weitgehend diffusionsoffen sind. - Bei Sohlplatten, die auf einem wasserführenden Baugrund liegen, ist der Wasserdampfdruck außen größer als innen. - Konstruktionen, deren Aufbauten (Dämmplatten, Estriche, Beläge aber auch Anstriche, Beschichtungen und Tapeten) von außen nach innen mit abnehmenden Wasserdampf- Diffusionswiderstand erstellt werden, sind nicht unproblematisch. - Kritisch können u.a. Fußbodenbeläge werden, die einen so hohen Wasserdampf- Diffusionswiderstand aufweisen, dass diese das Abtrocknen nach innen behindern. Hierzu zählen u.a. Fliesen- und andere keramische Fußbodenbeläge, genauso wie Teppichböden mit Gummirücken und PVC-Beläge. Prof. G. Lohmeyer kommt zu dem Schluss, dass wenn eine günstige Schichtenfolge (Wand,- Fußbodenbeläge) nicht gewählt werden kann oder die Nutzung der Räume hinsichtlich der zu erwartenden Wasserdampf-Diffusionsmenge es verlangt, Abdichtungsmaßnahmen zu ergreifen sind.
Hier muss nun jeder selbst abschätzen, ob, selbst wenn die vorgenannten Kriterien einen Verzicht auf die Abdichtung zulassen, diese Kriterien bis zum Ende der Standzeit des Gebäudes eingehalten werden. Oder ist nicht vom Auftraggeber und dem Planer zu berücksichtigen, dass im Laufe der Jahre der wasserdampfoffene Fußbodenbelag gegen einen mit einem hohen Wasserdampf- Diffusionswiderstand ausgetauscht werden könnte. Hier wären z.B. Fliesenbeläge zu erwähnen. Aber auch bei wasserdampfoffenen Aufbauten ist zu gewährleisten, dass eine Mindestluftwechselrate einzuhalten ist, um dieses überschüssige Wasser aus dem Baukörper zu entfernen. Da aber die hier anfallenden Wassermengen so gering sind, ist dieses durch „normales“ Lüften leicht zu bewerkstelligen. Anders sieht es aus, wenn großflächig Wand- oder Bodenflächen durch vorgestellte und / oder aufgelegte Gegenstände nicht mehr luftumspült sind. Die Abgabe der Feuchte an die Raumluft würde hierdurch behindert, es könnte zu Schimmelpilzbildung infolge zu hoher Feuchtigkeitskonzentration kommen. Meine
vorgenannten Bedenken sind nur hinsichtlich einer
höherwertigen
Nutzung der Kellerräume angebracht. Hierzu zählt
ebenso ein
offener, mitbeheizter Kellertreppenraum.
Prof.
Dr.-Ing. Rainer Oswald sagte auf den Aachener
Bausachverständigen
Tagen 2002 Diese ist im vollen Umfang in der Buchreihe der von AIBau Aachen publizierten Bände zu den Sachverständigentagen nachzulesen. Prof.
Oswald geht zunächst davon aus, dass, um das
einschlägige
Regelwerk einzuhalten, alle Bodenplatten, außer denen, die
unter „untergeordneten Räumen“ angeordnet
sind, nach
der DIN 18195 abzudichten sind. Er scheint hier also der Auffassung zu sein, dass die Außerachtlassung der Norm bewusst in die Planung des Planerfassers mit einfliest, im Glauben oder Wissen, dass hier kein Schaden entstehen kann. Er
sagt weiter aus, dass Streitigkeiten um nicht normgerechte
Abdichtungen von Sohlenplatten lt. seinen Beobachtungen in keinem
Fall Schäden sind, die eindeutig auf der abweichenden
Abdichtungslösung beruhen. Wenn es zum Streit über die nicht normgerechte Abdichtung kommt, werden lt. seiner Aussage regelmäßig folgende Fragen aufgeworfen: – Wenn schon nicht nach DIN 18195 abgedichtet wurde, hat dann die realisierte Bodenplatte wenigstens die Qualität eines „wasserundurchlässigen Betonbauteils“? – Welche zusätzlichen abdichtenden bzw. dampfsperrenden Schichten sind bei WU-Beton-Bauteilen erforderlich? – Gelten lose Abdeckfolien auf oder unter der Estrichdämmschicht – auch unter den erschwerten Bedingungen von Installationsführungen als ausreichender Feuchtigkeitsschutz? – Kann eine Folienabdeckung der Sauberkeitsschicht bzw. der kapillarbrechenden Schicht unter der Bodenplatte die Funktion einer Abdichtung übernehmen? Seiner Meinung nach könnte man die überwiegende Zahl der geschilderten Situationen als eindeutige, nachzubessernde Mängelfälle abtun, wenn nicht die langjährige Praxis weitaus überwiegend die volle Gebrauchstauglichkeit nicht normgerechter Lösungen belegen würde. Da zudem eine Nachbesserung meist extrem kostenaufwändig mit dem völligen Abbruch der Fußbodenaufbauten verbunden wäre, wird die Diskussion dieser Streitpunkte wichtig. Unter: „4. Gründe für die Funktionsfähigkeit nicht normgerecht abgedichteter Bodenplatten“, führt Oswald in der Hauptsache den geringen Wärmeunterschied zwischen dem Erdreich unter der Bodenplatte und den Kellerräumen an. Weiterhin führt er folgenden ungünstigen Schichtenaufbau an.
Er
kommt zu folgendem Schluss: Weiter führt er aus: Zur Frage der notwendigen diffusionshemmenden Eigenschaften von Abdichtungen in Bodenbelägen hat der BEB (Bundesverband Estrich und Belag) 1997 das Merkblatt „Hinweise zum Einsatz alternativer Abdichtungen unter Estrichen“ veröffentlicht. Die wesentliche Anforderung lautet, dass der sd- Wert der Materialien des Fußbodenaufbaus oberhalb der Abdichtung kleiner als der sd-Wert der Abdichtung selbst sein muss. Das Merkblatt listet typische sd-Werte von Oberbelägen auf. Ungünstige Werte sind demnach: – Linoleum: 45 m – PVC-Boden, 3 mm: 100 m – Gummibeläge: 200 m Da die Verwendung eines Gummibelags nicht ausgeschlossen werden kann, kommt das Merkblatt zu folgender zusammenfassender Feststellung: „Um sicherzustellen, dass auf Estrichkonstruktionen alle Arten von Bodenbelägen problemlos verlegt werden können, ist als Grundwert für das Dichtungssystem eine wasserdampfdiffusionsäquivalente Luftschichtdicke sd von ca. 200 m ausreichend.“ Meine Bemerkung hierzu: Dieses Merkblatt wird wohl den wenigsten Planern oder Ausführenden (Dachdeckern, Rohbauern) bekannt sein, somit kaum als anerkannten Regeln der Technik einzustufen sein. Im Folgenden listet er verschiede Folien und Abdichtungen auf und kommt zu dem Schluss, dass auch die in den „Allgemeine Technische Vertragsbedingungen für Bauleistungen (ATV) Abdichtungsarbeiten — DIN 18336 Ausgabe Dezember 2002“ und in der „DIN 18195-4 „Bauwerksabdichtungen; Abdichtung gegen Bodenfeuchtigkeit (Kapillarwasser, Haftwasser) und nichtstauendes Sickerwasser an Bodenplatten und Wänden; Bemessung und Ausführung - 2000/08“ favorisierte G200S4 nur einen Sperrwert von 120 m hat, somit den scharfen Forderungen der BEB nicht erfüllt. Mein Einwand hierzu: Die DIN 18195-2 Bauwerksabdichtungen; Stoffe - 2000/08 listet bei weitem mehr Stoffe als nur die G200S4 auf, da aber die überwiegenden Zahl der Baumaßnahmen in Verbindung mit VOB Verträgen erstellt wird, ist vertraglich lt. ATV DIN 18336, 3.2.3 Abdichtung von Bodenplatten, nur diese Abdichtungsbahn Vertragsbestandteil. Unter
Punkt „6. Schlussfolgerungen“ beschreibt er: Aber
seine Aussage geht weiter: Mein Einwand hierzu.: Welche Regeln meint er hier? Den
Sachverständigen im Saal gibt er Folgendes mit auf dem Weg: Prof.
Oswald geht also offensichtlich davon aus, dass unter üblichen
Anwendungssituationen, auch ohne Dampfsperrschichten, keine
Schäden
zu erwarten sind.
Bei
der Podiumsdiskussion auf den Aachener Bausachverständigentage
2002 Ist eine „Weiße Wanne“ ohne zusätzliche äußere Abdichtung für Wohnräume im Kellergeschoss zulässig? Oswald: Es besteht in der Theorie keine Einigkeit darüber, wie insbesondere der durch den Wasserdruck erzeugte Wassertransport durch Sickerströmung im WU-Beton abläuft. Während Klopfer (s. Aachener Bausachverständigentage 1999) davon ausgeht, dass kein flüssiges Wasser bis zur Bauteilinnenseite gelangt, hält Cziesielski (Bauphysik-Kalender 2002) die innen austretenden Wassermengen für so beachtenswert, dass er grundsätzlich unterlüftete Innenverkleidungen empfiehlt. Wie Sie am Vormittag hörten, befürchtet Brameshuber bei dampfdichten Innenbelägen sogar ein „Wasserbett“. Dieser unklare Diskussionsstand wird z. B. dazu führen, dass sich auch die im Entwurf fertig gestellte WU-Richtlinie des DAfStb um eine klare Aussage zu diesem Thema drücken wird.
Schlusswort von Oswald: Ich
möchte behaupten, dass es geradezu typisch für die
Sachverständigentätigkeit ist, täglich
hautnah im
Widerspruch zwischen Theorie und Praxis zu stehen. Vom
Sachverständigen werden insofern pragmatische
Lösungen
gerade für die Fälle gefordert, in denen keine klare
Theorie hilfreich zur Hand ist. Es ist eine wesentliche Aufgabe
dieser Tagung, diese Probleme nicht zu verdecken, sondern
aufzudecken. Ich danke Ihnen und den Referenten für diese gute
gemeinsame Arbeit! Ich stelle also fest: Es gibt die DIN 18195 mit Ihren 10 Teilen, die VOB/C ATV DIN 18336, die DBV Merkblätter, die Richtlinien des DafStb, eine Vielzahl verschiedener Merkblätter, Aufsätze und Aussagen widersprüchlichster Art: hier z.B. Lohmeyer, Brameshuber, Cziesielki und Oswald. Abschließend zu den Aachener Sachverständigentagen 2002 stellt also einer der „Päpste der Sachverständigen“ (Herr Prof. R. Oswald) zu dem Thema, ob nun Abdichtung auf wasserundurchlässigen Betonbodenplatten verpflichtend sein, ein Verzicht darauf also ein Verstoß gegen die anerkannten Regeln der Technik sei oder nicht fest, dass Sachverständige im täglichen Leben pragmatisch vorgehen müssen. Mein Fazit: Für den Bau von wasserundurchlässigen Konstruktionen, bzw. etwaige Abdichtungsmaßnahmen an / auf diesen, gelten die einschlägigen Abdichtungsnormen DIN 18195 und die DIN ATV 18336 nicht. Sie finden hier, nach deren eigener Aussage, keine Anwendung. Bei der Beantwortung der Frage, ob nun auf eine zusätzliche Abdichtung in Form einer Dampfsperre verzichtet werden kann, ist in erster Linie die geplante oder vermutete Nutzung der Räumlichkeiten maßgeblich. Dieses gilt sowohl für Betonbodenplatten als wasserundurchlässige Konstruktion, als auch für Wände von weißen Wannen. Ist dauerhaft gesichert, dass die hier zu betrachtenden Räumlichkeiten nicht der „höherwertigen Nutzung“ dienen werden, kann auf eine Dampfsperre verzichtet werden. Gilt dieses aber als nicht gesichert, oder ist die „höherwertige Nutzung“ sogar geplant, sollte bei der Planung keinesfalls auf Dampfsperrschichten im Sinne der DIN 18195 verzichtet werden. Die Planung ist somit auf die anerkannten Regeln der Technik abzustellen. Da es nicht als gesichert anzusehen ist, dass ein Großteil der sich mit diesem Thema befassenden Fachwelt, den Verzicht auf zusätzlichen Dampfsperrschichten auf wu- Konstruktionen als aRdT ansieht, ist ein Verzicht darauf als zumindest waghalsig von Seiten der Planer anzusehen. Meine
Erfahrung, nach unzählig vielen Diskussionen mit anderen
Fachleuten, gibt mir das Gefühl, dass ein Großteil
der
Fachwelt nicht bereit ist, einen Verzicht von Dampfsperrschichten auf
wasserundurchlässigem Betonkonstruktionen als anerkannten
Regeln
der Technik einzustufen. |